Was ist dran an Milch-Mythen?

Ein Glas Milch

19.08.2025 04:37

Die einen schwören seit Kindertagen drauf, andere warnen vor Gesundheitsrisiken und Klimaschäden. Ist Milch tatsächlich schädlich - oder wird sie nur schlechtgeredet? Sind Milchalternativen mehr als Lifestyle?
Von Christiane Tovar und Martin Gent, WDR
Milch polarisiert. Viele Menschen trinken sie gern, andere verteufeln sie regelrecht. Es geht um gesundheitliche, ethische und ökologische Aspekte. In einer Welt, in der nachhaltige Ernährung, Tierwohl und Klimaschutz wichtiger werden, kommt das einst so positive Image von Milch ins Wanken. Die einst öffentliche Image- und Absatzförderung für Milchprodukte ist auf dem Rückzug. Schulmilchprogramme gelten als Auslaufmodell.
Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland pro Kopf gut 46 Kilogramm Milch getrunken, knapp zehn Kilo weniger als vor zehn Jahren, ein Rückgang von 18 Prozent. Es wurde zwar etwas mehr Naturjoghurt gegessen, aber viel weniger Fruchtjoghurt und etwas weniger Sahne. Der Konsum von Butter ist in etwa konstant, der Absatz von Käse nahm leicht zu.

Was für Milch spricht

Was wir als Kuhmilch konsumieren, ist eigentlich die natürliche Säuglingsnahrung für Kälber. In der Molkerei wird die Rohmilch zu Trinkmilch, Käse, Sahne, Butter, Joghurt und noch vielem mehr weiterverarbeitet. Kuhmilch unterscheidet sich von menschlicher Muttermilch und enthält wie diese viele wertvolle Bestandteile. Der nicht-wässrige Teil der Milch (immerhin 13 Prozent) setzt sich zusammen aus hochwertigen Proteinen (praktisch alle essenziellen Aminosäuren), rund 400 verschiedenen Fettsäuren, darunter auch mehrfach ungesättigte Fettsäuren, Milchzucker (Laktose), Mineralstoffen (Kalzium, Magnesium, Kalium, Phosphor), den fettlöslichen Vitaminen A, D, E, K und den wasserlöslichen B-Vitaminen (vor allem B2 und B12).
Für Kinder nach dem Säuglingsalter und Erwachsene sind Kuhmilch-Produkte eine praktische Nahrungsquelle. Sie können einen wichtigen Beitrag zur Nährstoffversorgung leisten. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt in ihrem Positionspapier vom Dezember 2024 den Verzehr von zwei Portionen Milch und Milchprodukten am Tag. Für Erwachsene sind das beispielsweise ein Glas Milch, 1 Becher Naturjoghurt oder 1 Scheibe Käse.

Eine andere Perspektive auf Milch

Marco Springmann ist Professor für Umwelt und Gesundheit an der Universität Oxford. Milch und insbesondere der Vergleich von Milch mit pflanzlichen Alternativen gehört zu seinen Forschungsschwerpunkten. Springmann ist außerdem beteiligt an der Entwicklung der Planetary Health Diet. Das ist der Ernährungsplan, der die Gesundheit der Menschen und der Umwelt gleichermaßen berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund plädiert er für eine Ernährungsweise, in der Milchprodukte zugunsten pflanzlicher Optionen reduziert werden.
In seinen Augen ein Thema hoher Relevanz. "Wenn wir uns den Umweltfußabdruck von Milch angucken, pro Gewichtseinheit, ist der nicht besonders hoch. Aber weil wir so viel Milch zu uns nehmen, ist Milch gleich hinter Rindfleisch, also je nachdem, wie man misst", sagt Springmann.

Ökologie: Tierische Lebensmittel treiben Erderwärmung

Die Studie "Reducing food’s environmental impacts through producers and consumers“, an der Marco Springmann beteiligt war, hat die weltweiten Umweltfolgen der Lebensmittelproduktion untersucht und zeigt, wie groß die Unterschiede zwischen verschiedenen Lebensmitteln sind. Grundsätzlich gilt: Die Erzeugung von Lebensmitteln verursacht weltweit rund ein Viertel der Treibhausgasemissionen. Sie beansprucht über 70 Prozent des Süßwassers und ist der größte Treiber für Biodiversitätsverlust und Landnutzungswandel.
Die Umweltauswirkungen variieren stark: Tierische Produkte, insbesondere Rindfleisch, haben im Vergleich zu pflanzlichen Lebensmitteln einen deutlich höheren ökologischen Fußabdruck. Die Studie zeigt, auch, dass selbst die umweltfreundlichsten tierischen Produkte wie beispielsweise Eier und Milch immer noch höhere Belastungen verursachen als die meisten pflanzlichen Alternativen.
Eine Umstellung auf eine stärker pflanzenbasierte Ernährung könnte die Treibhausgasemissionen der Ernährung um bis zu 73 Prozent und die Landnutzung um bis zu 76 Prozent senken. "Die Erzeugung tierischer Lebensmittel geht mit erheblichen Umweltbelastungen einher. Im Durchschnitt weisen pflanzliche Milchalternativen im Vergleich zu Kuhmilch niedrigere Werte für Treibhausgasemissionen, Wasserverbrauch und Landnutzung auf,“ schreibt die DGE in ihrem Positionspapier.

Ethik: Rinder leben besser als Milchkühe

Die Milch-Massenproduktion verändert das Klima, aber auch die Kühe leiden. In einer Studie des Instituts für Agrar- und Gartenbauwissenschaften der Berliner Humboldt-Universität kommen die Forscher zu dem Schluss, dass Milchkühe, die konventionell gehalten werden, ein noch schlechteres Leben haben als andere Rinder in der Massentierhaltung.
Auch deshalb setzen immer mehr Menschen auf Milchalternativen wie Soja- oder Mandelmilch. Sie machen mittlerweile rund zehn Prozent des gesamten Milchmarktes aus. Marco Springmann hält pflanzliche Alternativen für eine gute Wahl. Damit, sagt er, sei man genauso gut versorgt wie mit echter Milch. Denn was von Natur aus in Hafer-, Soja-, Reis- oder Mandelmilch fehlt, wie Kalzium oder bestimmte Vitamine, setzen die Hersteller zu.

Viele Fragezeichen beim gesundheitlichen Nutzen

Rund 75 Prozent aller Menschen weltweit und 30 Prozent der Europäer sind laktoseintolerant: Ihnen fehlt die Laktase, also jenes Enzym, das Laktose im Körper verarbeiten kann. Dann kann Milchkonsum zu Bauchschmerzen, Blubbern und Blähungen führen. In Familien mit höherer Wahrscheinlichkeit eine allergische Erkrankungen zu entwickeln (Atopie) kann Kuhmilch das Risiko für allergische Erkrankungen erhöhen.

Wie gut sind Milchalternativen?

Die DGE betont die wertvollen Inhaltsstoffe von echter Kuhmilch und deren positive Effekte auf die Gesundheit. Pflanzliche Milchprodukte werden "befürwortet“ für Menschen, die Kuhmilch oder Kuhmilchprodukte meiden oder mehr als empfohlen verzehren möchten. Wichtig sei die Anreicherung der pflanzlichen Milchalternativen mit essenziellen Nährstoffen. Allgemeine Aussagen zum Wert der Hafer-, Soja- und Mandelprodukte seien schwierig, weil die Milchalternativen sehr verschieden sind. "Die meisten von den Ersatzprodukten versuchen, das Nährstoffprofil ungefähr abzubilden", sagt Marco Springmann von der Uni Oxford.
Positiv sei, dass Pflanzenprodukte weniger gesättigte Fettsäuren haben: "Das ist erst mal eine gute Sache für die Gesundheit." In der Konsequenz gehört Milch für Springmann nicht zwingend auf den Speiseplan. Denn die Nährstoffe - da ginge es vor allem um Kalzium - bekämen wir problemlos aus anderen Lebensmitteln. Für Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, sind zusätzlich Vitamin B2 und Vitamin B12 relevant und gegebenenfalls Nahrungsergänzungsmittel empfehlenswert.
Die einen schwören seit Kindertagen drauf, andere warnen vor Gesundheitsrisiken und Klimaschäden. Ist Milch tatsächlich schädlich - oder wird sie nur schlechtgeredet? Sind Milchalternativen mehr als Lifestyle?
Von Christiane Tovar und Martin Gent, WDR
Milch polarisiert. Viele Menschen trinken sie gern, andere verteufeln sie regelrecht. Es geht um gesundheitliche, ethische und ökologische Aspekte. In einer Welt, in der nachhaltige Ernährung, Tierwohl und Klimaschutz wichtiger werden, kommt das einst so positive Image von Milch ins Wanken. Die öffentliche Image- und Absatzförderung für Milchprodukte gilt als Auslaufmodell. Schulmilchprogramme sind teils auf dem Rückzug.
Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland pro Kopf gut 46 Kilogramm Milch getrunken, knapp zehn Kilo weniger als vor zehn Jahren, ein Rückgang von 18 Prozent. Dazu kommen Milchprodukte: Nach Zahlen der Milchindustrie wurde zwar etwas mehr Naturjoghurt gegessen, aber viel weniger Fruchtjoghurt und etwas weniger Sahne. Der Konsum von Butter ist in etwa konstant, der Absatz von Käse nahm leicht zu.

Was für Milch spricht

Was wir als Kuhmilch konsumieren, ist eigentlich die natürliche Säuglingsnahrung für Kälber. In der Molkerei wird die Rohmilch zu Trinkmilch, Käse, Sahne, Butter, Joghurt und noch vielem mehr weiterverarbeitet. Kuhmilch unterscheidet sich von menschlicher Muttermilch und enthält wie diese viele wertvolle Bestandteile. Der nicht-wässrige Teil der Milch (immerhin 13 Prozent) setzt sich zusammen aus hochwertigen Proteinen (praktisch alle essenziellen Aminosäuren), rund 400 verschiedenen Fettsäuren, darunter auch mehrfach ungesättigte Fettsäuren, Milchzucker (Laktose), Mineralstoffen (Kalzium, Magnesium, Kalium, Phosphor), den fettlöslichen Vitaminen A, D, E, K und den wasserlöslichen B-Vitaminen (vor allem B2 und B12).
Für Kinder nach dem Säuglingsalter und Erwachsene sind Kuhmilch-Produkte eine praktische Nahrungsquelle. Sie können einen wichtigen Beitrag zur Nährstoffversorgung leisten. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt in ihrem Positionspapier vom Dezember 2024 für Erwachsene den Verzehr von zwei Portionen Milch und Milchprodukten am Tag. Eine Portion entspricht etwa einem Glas Milch, einem Becher Naturjoghurt oder einer Scheibe Käse.

Eine andere Perspektive auf Milch

Marco Springmann ist Professor für Umwelt und Gesundheit an der Universität Oxford. Milch und insbesondere der Vergleich von Milch mit pflanzlichen Alternativen gehört zu seinen Forschungsschwerpunkten. Springmann ist außerdem beteiligt an der Entwicklung der Planetary Health Diet. Das ist der Ernährungsplan, der die Gesundheit der Menschen und der Umwelt gleichermaßen berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund plädiert er für eine Ernährungsweise, in der Milchprodukte zugunsten pflanzlicher Optionen reduziert werden.
In seinen Augen ein Thema hoher Relevanz. "Wenn wir uns den Umweltfußabdruck von Milch angucken, pro Gewichtseinheit, ist der nicht besonders hoch. Aber weil wir so viel Milch zu uns nehmen, ist Milch gleich hinter Rindfleisch, also je nachdem, wie man misst", sagt Springmann.

Ökologie: Tierische Lebensmittel treiben Erderwärmung

Die Studie "Options for keeping the food system within environmental limits", an der Marco Springmann beteiligt war, hat die weltweiten Umweltfolgen der Lebensmittelproduktion untersucht und zeigt, wie groß die Unterschiede zwischen verschiedenen Lebensmitteln sind. Grundsätzlich gilt: Die Erzeugung von Lebensmitteln verursacht weltweit rund ein Viertel der Treibhausgasemissionen. Sie beansprucht über 70 Prozent des Süßwassers und ist der größte Treiber für Biodiversitätsverlust und Landnutzungswandel.
Die Umweltauswirkungen variieren stark: Tierische Produkte, insbesondere Rindfleisch, haben im Vergleich zu pflanzlichen Lebensmitteln einen deutlich höheren ökologischen Fußabdruck. Studien zeigen, dass selbst die umweltfreundlichsten tierischen Produkte wie beispielsweise Eier und Milch immer noch höhere Belastungen verursachen als die meisten pflanzlichen Alternativen.
Eine Umstellung auf eine stärker pflanzenbasierte Ernährung könnte die Treibhausgasemissionen der Ernährung global in etwa halbieren, in einzelnen Regionen um bis zu 73 Prozent senken. "Die Erzeugung tierischer Lebensmittel geht mit erheblichen Umweltbelastungen einher. Im Durchschnitt weisen pflanzliche Milchalternativen im Vergleich zu Kuhmilch niedrigere Werte für Treibhausgasemissionen, Wasserverbrauch und Landnutzung auf,“ schreibt die DGE in ihrem Positionspapier.

Ethik: Mastrinder leben besser als Milchkühe

Die Milch-Massenproduktion verändert das Klima, aber auch die Kühe leiden. In einer Studie des Instituts für Agrar- und Gartenbauwissenschaften der Berliner Humboldt-Universität kommen die Forscher zu dem Schluss, dass Milchkühe, die konventionell gehalten werden, ein noch schlechteres Leben haben als andere Rinder in der Massentierhaltung.
Auch deshalb setzen immer mehr Menschen auf Milchalternativen auf Basis von Hafer, Soja, Reis, Mandeln oder Erbsen. Sie machen mittlerweile rund zehn Prozent des gesamten Milchmarktes aus. Marco Springmann hält pflanzliche Alternativen für eine gute Wahl. Damit, sagt er, sei man genauso gut versorgt wie mit echter Milch. Denn was von Natur aus in den pflanzlichen Produkten fehlt, wie Kalzium oder bestimmte Vitamine, setzen die Hersteller zu.

Viele Fragezeichen beim gesundheitlichen Nutzen

Rund 75 Prozent aller Menschen weltweit und circa 30 Prozent der Europäer sind laktoseintolerant: Ihnen fehlt die Laktase, also jenes Enzym, das Laktose im Körper verarbeiten kann. Dann kann Milchkonsum zu Bauchschmerzen, Blubbern und Blähungen führen.
Was ernährungsbedingte Krankheiten angeht, sei Kuhmilch relativ neutral zu bewerten, sagt Marco Springmann, jedenfalls im Vergleich zur generellen westlichen Ernährungsweise.

Wie gut sind Milchalternativen?

Die DGE betont die wertvollen Inhaltsstoffe von echter Kuhmilch und deren positive Effekte auf die Gesundheit. Pflanzliche Milchprodukte werden "befürwortet“ für Menschen, die Kuhmilch oder Kuhmilchprodukte meiden oder mehr als empfohlen verzehren möchten. Wichtig sei die Anreicherung der pflanzlichen Milchalternativen mit essenziellen Nährstoffen. Allgemeine Aussagen zum Wert der Hafer-, Soja- und Mandelprodukte seien schwierig, weil die Milchalternativen sehr verschieden sind. "Die meisten von den Ersatzprodukten versuchen, das Nährstoffprofil ungefähr abzubilden", sagt Marco Springmann von der Uni Oxford.
Positiv sei, dass Pflanzenprodukte weniger gesättigte Fettsäuren haben: "Das ist erst mal eine gute Sache für die Gesundheit." In der Konsequenz gehört Milch für Springmann nicht zwingend auf den Speiseplan. Denn die Nährstoffe - da ginge es vor allem um Kalzium - bekämen wir problemlos aus anderen Lebensmitteln. Für Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, sind zusätzlich Vitamin B2 und Vitamin B12 relevant und gegebenenfalls Nahrungsergänzungsmittel empfehlenswert.
Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 12. August 2025 um 11:46 Uhr.
Die einen schwören seit Kindertagen drauf, andere warnen vor Gesundheitsrisiken und Klimaschäden. Ist Milch tatsächlich schädlich - oder wird sie nur schlechtgeredet? Sind Milchalternativen mehr als Lifestyle?
Von Christiane Tovar und Martin Gent, WDR
Milch polarisiert. Viele Menschen trinken sie gern, andere verteufeln sie regelrecht. Es geht um gesundheitliche, ethische und ökologische Aspekte. In einer Welt, in der nachhaltige Ernährung, Tierwohl und Klimaschutz wichtiger werden, kommt das einst so positive Image von Milch ins Wanken. Die öffentliche Image- und Absatzförderung für Milchprodukte gilt als Auslaufmodell. Schulmilchprogramme sind teils auf dem Rückzug.
Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland pro Kopf gut 46 Kilogramm Milch getrunken, knapp zehn Kilo weniger als vor zehn Jahren, ein Rückgang von 18 Prozent. Dazu kommen Milchprodukte: Nach Zahlen der Milchindustrie wurde zwar etwas mehr Naturjoghurt gegessen, aber viel weniger Fruchtjoghurt und etwas weniger Sahne. Der Konsum von Butter ist in etwa konstant, der Absatz von Käse nahm leicht zu.

Was für Milch spricht

Was wir als Kuhmilch konsumieren, ist eigentlich die natürliche Säuglingsnahrung für Kälber. In der Molkerei wird die Rohmilch zu Trinkmilch, Käse, Sahne, Butter, Joghurt und noch vielem mehr weiterverarbeitet. Kuhmilch unterscheidet sich von menschlicher Muttermilch und enthält wie diese viele wertvolle Bestandteile. Der nicht-wässrige Teil der Milch (immerhin 13 Prozent) setzt sich zusammen aus hochwertigen Proteinen (praktisch alle essenziellen Aminosäuren), rund 400 verschiedenen Fettsäuren, darunter auch mehrfach ungesättigte Fettsäuren, Milchzucker (Laktose), Mineralstoffen (Kalzium, Magnesium, Kalium, Phosphor), den fettlöslichen Vitaminen A, D, E, K und den wasserlöslichen B-Vitaminen (vor allem B2 und B12).
Für Kinder nach dem Säuglingsalter und Erwachsene sind Kuhmilch-Produkte eine praktische Nahrungsquelle. Sie können einen wichtigen Beitrag zur Nährstoffversorgung leisten. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt in ihrem Positionspapier vom Dezember 2024 für Erwachsene den Verzehr von zwei Portionen Milch und Milchprodukten am Tag. Eine Portion entspricht etwa einem Glas Milch, einem Becher Naturjoghurt oder einer Scheibe Käse.

Eine andere Perspektive auf Milch

Marco Springmann ist Professor für Umwelt und Gesundheit an der Universität Oxford. Milch und insbesondere der Vergleich von Milch mit pflanzlichen Alternativen gehört zu seinen Forschungsschwerpunkten. Springmann ist außerdem beteiligt an der Entwicklung der Planetary Health Diet. Das ist der Ernährungsplan, der die Gesundheit der Menschen und der Umwelt gleichermaßen berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund plädiert er für eine Ernährungsweise, in der Milchprodukte zugunsten pflanzlicher Optionen reduziert werden.
In seinen Augen ein Thema hoher Relevanz. "Wenn wir uns den Umweltfußabdruck von Milch angucken, pro Gewichtseinheit, ist der nicht besonders hoch. Aber weil wir so viel Milch zu uns nehmen, ist Milch gleich hinter Rindfleisch, also je nachdem, wie man misst", sagt Springmann.

Ökologie: Tierische Lebensmittel treiben Erderwärmung

Die Studie "Options for keeping the food system within environmental limits", an der Marco Springmann beteiligt war, hat die weltweiten Umweltfolgen der Lebensmittelproduktion untersucht und zeigt, wie groß die Unterschiede zwischen verschiedenen Lebensmitteln sind. Grundsätzlich gilt: Die Erzeugung von Lebensmitteln verursacht weltweit rund ein Viertel der Treibhausgasemissionen. Sie beansprucht über 70 Prozent des Süßwassers und ist der größte Treiber für Biodiversitätsverlust und Landnutzungswandel.
Die Umweltauswirkungen variieren stark: Tierische Produkte, insbesondere Rindfleisch, haben im Vergleich zu pflanzlichen Lebensmitteln einen deutlich höheren ökologischen Fußabdruck. Studien zeigen, dass selbst die umweltfreundlichsten tierischen Produkte wie beispielsweise Eier und Milch immer noch höhere Belastungen verursachen als die meisten pflanzlichen Alternativen.
Eine Umstellung auf eine stärker pflanzenbasierte Ernährung könnte die Treibhausgasemissionen der Ernährung global in etwa halbieren, in einzelnen Regionen um bis zu 73 Prozent senken. "Die Erzeugung tierischer Lebensmittel geht mit erheblichen Umweltbelastungen einher. Im Durchschnitt weisen pflanzliche Milchalternativen im Vergleich zu Kuhmilch niedrigere Werte für Treibhausgasemissionen, Wasserverbrauch und Landnutzung auf,“ schreibt die DGE in ihrem Positionspapier.

Ethik: Mastrinder leben besser als Milchkühe

Die Milch-Massenproduktion verändert das Klima, aber auch die Kühe leiden. In einer Studie des Instituts für Agrar- und Gartenbauwissenschaften der Berliner Humboldt-Universität kommen die Forscher zu dem Schluss, dass Milchkühe, die konventionell gehalten werden, ein noch schlechteres Leben haben als andere Rinder in der Massentierhaltung.
Auch deshalb setzen immer mehr Menschen auf Milchalternativen auf Basis von Hafer, Soja, Reis, Mandeln oder Erbsen. Sie machen mittlerweile rund zehn Prozent des gesamten Milchmarktes aus. Marco Springmann hält pflanzliche Alternativen für eine gute Wahl. Damit, sagt er, sei man genauso gut versorgt wie mit echter Milch. Denn was von Natur aus in den pflanzlichen Produkten fehlt, wie Kalzium oder bestimmte Vitamine, setzen die Hersteller zu.

Viele Fragezeichen beim gesundheitlichen Nutzen

Rund 75 Prozent aller Menschen weltweit und circa 30 Prozent der Europäer sind laktoseintolerant: Ihnen fehlt die Laktase, also jenes Enzym, das Laktose im Körper verarbeiten kann. Dann kann Milchkonsum zu Bauchschmerzen, Blubbern und Blähungen führen.
Was ernährungsbedingte Krankheiten angeht, sei Kuhmilch relativ neutral zu bewerten, sagt Marco Springmann, jedenfalls im Vergleich zur generellen westlichen Ernährungsweise.

Wie gut sind Milchalternativen?

Die DGE betont die wertvollen Inhaltsstoffe von echter Kuhmilch und deren positive Effekte auf die Gesundheit. Pflanzliche Milchprodukte werden "befürwortet“ für Menschen, die Kuhmilch oder Kuhmilchprodukte meiden oder mehr als empfohlen verzehren möchten. Wichtig sei die Anreicherung der pflanzlichen Milchalternativen mit essenziellen Nährstoffen. Allgemeine Aussagen zum Wert der Hafer-, Soja- und Mandelprodukte seien schwierig, weil die Milchalternativen sehr verschieden sind. "Die meisten von den Ersatzprodukten versuchen, das Nährstoffprofil ungefähr abzubilden", sagt Marco Springmann von der Uni Oxford.
Positiv sei, dass Pflanzenprodukte weniger gesättigte Fettsäuren haben: "Das ist erst mal eine gute Sache für die Gesundheit." In der Konsequenz gehört Milch für Springmann nicht zwingend auf den Speiseplan. Denn die Nährstoffe - da ginge es vor allem um Kalzium - bekämen wir problemlos aus anderen Lebensmitteln. Für Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, sind zusätzlich Vitamin B2 und Vitamin B12 relevant und gegebenenfalls Nahrungsergänzungsmittel empfehlenswert.
Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 12. August 2025 um 11:46 Uhr.
Die einen schwören seit Kindertagen drauf, andere warnen vor Gesundheitsrisiken und Klimaschäden. Ist Milch tatsächlich schädlich - oder wird sie nur schlechtgeredet? Sind Milchalternativen mehr als Lifestyle?
Von Christiane Tovar und Martin Gent, WDR
Milch polarisiert. Viele Menschen trinken sie gern, andere verteufeln sie regelrecht. Es geht um gesundheitliche, ethische und ökologische Aspekte. In einer Welt, in der nachhaltige Ernährung, Tierwohl und Klimaschutz wichtiger werden, kommt das einst so positive Image von Milch ins Wanken. Die öffentliche Image- und Absatzförderung für Milchprodukte gilt als Auslaufmodell. Schulmilchprogramme sind teils auf dem Rückzug.
Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland pro Kopf gut 46 Kilogramm Milch getrunken, knapp zehn Kilo weniger als vor zehn Jahren, ein Rückgang von 18 Prozent. Dazu kommen Milchprodukte: Nach Zahlen der Milchindustrie wurde zwar etwas mehr Naturjoghurt gegessen, aber viel weniger Fruchtjoghurt und etwas weniger Sahne. Der Konsum von Butter ist in etwa konstant, der Absatz von Käse nahm leicht zu.

Was für Milch spricht

Was wir als Kuhmilch konsumieren, ist eigentlich die natürliche Säuglingsnahrung für Kälber. In der Molkerei wird die Rohmilch zu Trinkmilch, Käse, Sahne, Butter, Joghurt und noch vielem mehr weiterverarbeitet. Kuhmilch unterscheidet sich von menschlicher Muttermilch und enthält wie diese viele wertvolle Bestandteile. Der nicht-wässrige Teil der Milch (immerhin 13 Prozent) setzt sich zusammen aus hochwertigen Proteinen (praktisch alle essenziellen Aminosäuren), rund 400 verschiedenen Fettsäuren, darunter auch mehrfach ungesättigte Fettsäuren, Milchzucker (Laktose), Mineralstoffen (Kalzium, Magnesium, Kalium, Phosphor), den fettlöslichen Vitaminen A, D, E, K und den wasserlöslichen B-Vitaminen (vor allem B2 und B12).
Für Kinder nach dem Säuglingsalter und Erwachsene sind Kuhmilch-Produkte eine praktische Nahrungsquelle. Sie können einen wichtigen Beitrag zur Nährstoffversorgung leisten. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt in ihrem Positionspapier vom Dezember 2024 für Erwachsene den Verzehr von zwei Portionen Milch und Milchprodukten am Tag. Eine Portion entspricht etwa einem Glas Milch, einem Becher Naturjoghurt oder einer Scheibe Käse.

Eine andere Perspektive auf Milch

Marco Springmann ist Professor für Umwelt und Gesundheit an der Universität Oxford. Milch und insbesondere der Vergleich von Milch mit pflanzlichen Alternativen gehört zu seinen Forschungsschwerpunkten. Springmann ist außerdem beteiligt an der Entwicklung der Planetary Health Diet. Das ist der Ernährungsplan, der die Gesundheit der Menschen und der Umwelt gleichermaßen berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund plädiert er für eine Ernährungsweise, in der Milchprodukte zugunsten pflanzlicher Optionen reduziert werden.
In seinen Augen ein Thema hoher Relevanz. "Wenn wir uns den Umweltfußabdruck von Milch angucken, pro Gewichtseinheit, ist der nicht besonders hoch. Aber weil wir so viel Milch zu uns nehmen, ist Milch gleich hinter Rindfleisch, also je nachdem, wie man misst", sagt Springmann.

Ökologie: Tierische Lebensmittel treiben Erderwärmung

Die Studie "Options for keeping the food system within environmental limits", an der Marco Springmann beteiligt war, hat die weltweiten Umweltfolgen der Lebensmittelproduktion untersucht und zeigt, wie groß die Unterschiede zwischen verschiedenen Lebensmitteln sind. Grundsätzlich gilt: Die Erzeugung von Lebensmitteln verursacht weltweit rund ein Viertel der Treibhausgasemissionen. Sie beansprucht über 70 Prozent des Süßwassers und ist der größte Treiber für Biodiversitätsverlust und Landnutzungswandel.
Die Umweltauswirkungen variieren stark: Tierische Produkte, insbesondere Rindfleisch, haben im Vergleich zu pflanzlichen Lebensmitteln einen deutlich höheren ökologischen Fußabdruck. Studien zeigen, dass selbst die umweltfreundlichsten tierischen Produkte wie beispielsweise Eier und Milch immer noch höhere Belastungen verursachen als die meisten pflanzlichen Alternativen.
Eine Umstellung auf eine stärker pflanzenbasierte Ernährung könnte die Treibhausgasemissionen der Ernährung global in etwa halbieren, in einzelnen Regionen um bis zu 73 Prozent senken. "Die Erzeugung tierischer Lebensmittel geht mit erheblichen Umweltbelastungen einher. Im Durchschnitt weisen pflanzliche Milchalternativen im Vergleich zu Kuhmilch niedrigere Werte für Treibhausgasemissionen, Wasserverbrauch und Landnutzung auf,“ schreibt die DGE in ihrem Positionspapier.

Ethik: Mastrinder leben besser als Milchkühe

Die Milch-Massenproduktion verändert das Klima, aber auch die Kühe leiden. In einer Studie des Instituts für Agrar- und Gartenbauwissenschaften der Berliner Humboldt-Universität kommen die Forscher zu dem Schluss, dass Milchkühe, die konventionell gehalten werden, ein noch schlechteres Leben haben als andere Rinder in der Massentierhaltung.
Auch deshalb setzen immer mehr Menschen auf Milchalternativen auf Basis von Hafer, Soja, Reis, Mandeln oder Erbsen. Sie machen mittlerweile rund zehn Prozent des gesamten Milchmarktes aus. Marco Springmann hält pflanzliche Alternativen für eine gute Wahl. Damit, sagt er, sei man genauso gut versorgt wie mit echter Milch. Denn was von Natur aus in den pflanzlichen Produkten fehlt, wie Kalzium oder bestimmte Vitamine, setzen die Hersteller zu.

Viele Fragezeichen beim gesundheitlichen Nutzen

Rund 75 Prozent aller Menschen weltweit und circa 30 Prozent der Europäer sind laktoseintolerant: Ihnen fehlt die Laktase, also jenes Enzym, das Laktose im Körper verarbeiten kann. Dann kann Milchkonsum zu Bauchschmerzen, Blubbern und Blähungen führen.
Was ernährungsbedingte Krankheiten angeht, sei Kuhmilch relativ neutral zu bewerten, sagt Marco Springmann, jedenfalls im Vergleich zur generellen westlichen Ernährungsweise.

Wie gut sind Milchalternativen?

Die DGE betont die wertvollen Inhaltsstoffe von echter Kuhmilch und deren positive Effekte auf die Gesundheit. Pflanzliche Milchprodukte werden "befürwortet“ für Menschen, die Kuhmilch oder Kuhmilchprodukte meiden oder mehr als empfohlen verzehren möchten. Wichtig sei die Anreicherung der pflanzlichen Milchalternativen mit essenziellen Nährstoffen. Allgemeine Aussagen zum Wert der Hafer-, Soja- und Mandelprodukte seien schwierig, weil die Milchalternativen sehr verschieden sind. "Die meisten von den Ersatzprodukten versuchen, das Nährstoffprofil ungefähr abzubilden", sagt Marco Springmann von der Uni Oxford.
Positiv sei, dass Pflanzenprodukte weniger gesättigte Fettsäuren haben: "Das ist erst mal eine gute Sache für die Gesundheit." In der Konsequenz gehört Milch für Springmann nicht zwingend auf den Speiseplan. Denn die Nährstoffe - da ginge es vor allem um Kalzium - bekämen wir problemlos aus anderen Lebensmitteln. Für Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, sind zusätzlich Vitamin B2 und Vitamin B12 relevant und gegebenenfalls Nahrungsergänzungsmittel empfehlenswert.
Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 12. August 2025 um 11:46 Uhr.
Die einen schwören seit Kindertagen drauf, andere warnen vor Gesundheitsrisiken und Klimaschäden. Ist Milch tatsächlich schädlich - oder wird sie nur schlechtgeredet? Sind Milchalternativen mehr als Lifestyle?
Von Christiane Tovar und Martin Gent, WDR
Milch polarisiert. Viele Menschen trinken sie gern, andere verteufeln sie regelrecht. Es geht um gesundheitliche, ethische und ökologische Aspekte. In einer Welt, in der nachhaltige Ernährung, Tierwohl und Klimaschutz wichtiger werden, kommt das einst so positive Image von Milch ins Wanken. Die öffentliche Image- und Absatzförderung für Milchprodukte gilt als Auslaufmodell. Schulmilchprogramme sind teils auf dem Rückzug.
Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland pro Kopf gut 46 Kilogramm Milch getrunken, knapp zehn Kilo weniger als vor zehn Jahren, ein Rückgang von 18 Prozent. Dazu kommen Milchprodukte: Nach Zahlen der Milchindustrie wurde zwar etwas mehr Naturjoghurt gegessen, aber viel weniger Fruchtjoghurt und etwas weniger Sahne. Der Konsum von Butter ist in etwa konstant, der Absatz von Käse nahm leicht zu.

Was für Milch spricht

Was wir als Kuhmilch konsumieren, ist eigentlich die natürliche Säuglingsnahrung für Kälber. In der Molkerei wird die Rohmilch zu Trinkmilch, Käse, Sahne, Butter, Joghurt und noch vielem mehr weiterverarbeitet. Kuhmilch unterscheidet sich von menschlicher Muttermilch und enthält wie diese viele wertvolle Bestandteile. Der nicht-wässrige Teil der Milch (immerhin 13 Prozent) setzt sich zusammen aus hochwertigen Proteinen (praktisch alle essenziellen Aminosäuren), rund 400 verschiedenen Fettsäuren, darunter auch mehrfach ungesättigte Fettsäuren, Milchzucker (Laktose), Mineralstoffen (Kalzium, Magnesium, Kalium, Phosphor), den fettlöslichen Vitaminen A, D, E, K und den wasserlöslichen B-Vitaminen (vor allem B2 und B12).
Für Kinder nach dem Säuglingsalter und Erwachsene sind Kuhmilch-Produkte eine praktische Nahrungsquelle. Sie können einen wichtigen Beitrag zur Nährstoffversorgung leisten. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt in ihrem Positionspapier vom Dezember 2024 für Erwachsene den Verzehr von zwei Portionen Milch und Milchprodukten am Tag. Eine Portion entspricht etwa einem Glas Milch, einem Becher Naturjoghurt oder einer Scheibe Käse.

Eine andere Perspektive auf Milch

Marco Springmann ist Professor für Umwelt und Gesundheit an der Universität Oxford. Milch und insbesondere der Vergleich von Milch mit pflanzlichen Alternativen gehört zu seinen Forschungsschwerpunkten. Springmann ist außerdem beteiligt an der Entwicklung der Planetary Health Diet. Das ist der Ernährungsplan, der die Gesundheit der Menschen und der Umwelt gleichermaßen berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund plädiert er für eine Ernährungsweise, in der Milchprodukte zugunsten pflanzlicher Optionen reduziert werden.
In seinen Augen ein Thema hoher Relevanz. "Wenn wir uns den Umweltfußabdruck von Milch angucken, pro Gewichtseinheit, ist der nicht besonders hoch. Aber weil wir so viel Milch zu uns nehmen, ist Milch gleich hinter Rindfleisch, also je nachdem, wie man misst", sagt Springmann.

Ökologie: Tierische Lebensmittel treiben Erderwärmung

Die einen schwören seit Kindertagen drauf, andere warnen vor Gesundheitsrisiken und Klimaschäden. Ist Milch tatsächlich schädlich - oder wird sie nur schlechtgeredet? Sind Milchalternativen mehr als Lifestyle?
Von Christiane Tovar und Martin Gent, WDR
Milch polarisiert. Viele Menschen trinken sie gern, andere verteufeln sie regelrecht. Es geht um gesundheitliche, ethische und ökologische Aspekte. In einer Welt, in der nachhaltige Ernährung, Tierwohl und Klimaschutz wichtiger werden, kommt das einst so positive Image von Milch ins Wanken. Die öffentliche Image- und Absatzförderung für Milchprodukte gilt als Auslaufmodell. Schulmilchprogramme sind teils auf dem Rückzug.
Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland pro Kopf gut 46 Kilogramm Milch getrunken, knapp zehn Kilo weniger als vor zehn Jahren, ein Rückgang von 18 Prozent. Dazu kommen Milchprodukte: Nach Zahlen der Milchindustrie wurde zwar etwas mehr Naturjoghurt gegessen, aber viel weniger Fruchtjoghurt und etwas weniger Sahne. Der Konsum von Butter ist in etwa konstant, der Absatz von Käse nahm leicht zu.

Was für Milch spricht

Was wir als Kuhmilch konsumieren, ist eigentlich die natürliche Säuglingsnahrung für Kälber. In der Molkerei wird die Rohmilch zu Trinkmilch, Käse, Sahne, Butter, Joghurt und noch vielem mehr weiterverarbeitet. Kuhmilch unterscheidet sich von menschlicher Muttermilch und enthält wie diese viele wertvolle Bestandteile. Der nicht-wässrige Teil der Milch (immerhin 13 Prozent) setzt sich zusammen aus hochwertigen Proteinen (praktisch alle essenziellen Aminosäuren), rund 400 verschiedenen Fettsäuren, darunter auch mehrfach ungesättigte Fettsäuren, Milchzucker (Laktose), Mineralstoffen (Kalzium, Magnesium, Kalium, Phosphor), den fettlöslichen Vitaminen A, D, E, K und den wasserlöslichen B-Vitaminen (vor allem B2 und B12).
Für Kinder nach dem Säuglingsalter und Erwachsene sind Kuhmilch-Produkte eine praktische Nahrungsquelle. Sie können einen wichtigen Beitrag zur Nährstoffversorgung leisten. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt in ihrem Positionspapier vom Dezember 2024 für Erwachsene den Verzehr von zwei Portionen Milch und Milchprodukten am Tag. Eine Portion entspricht etwa einem Glas Milch, einem Becher Naturjoghurt oder einer Scheibe Käse.

Eine andere Perspektive auf Milch

Marco Springmann ist Professor für Umwelt und Gesundheit an der Universität Oxford. Milch und insbesondere der Vergleich von Milch mit pflanzlichen Alternativen gehört zu seinen Forschungsschwerpunkten. Springmann ist außerdem beteiligt an der Entwicklung der Planetary Health Diet. Das ist der Ernährungsplan, der die Gesundheit der Menschen und der Umwelt gleichermaßen berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund plädiert er für eine Ernährungsweise, in der Milchprodukte zugunsten pflanzlicher Optionen reduziert werden.
In seinen Augen ein Thema hoher Relevanz. "Wenn wir uns den Umweltfußabdruck von Milch angucken, pro Gewichtseinheit, ist der nicht besonders hoch. Aber weil wir so viel Milch zu uns nehmen, ist Milch gleich hinter Rindfleisch, also je nachdem, wie man misst", sagt Springmann.

Ökologie: Tierische Lebensmittel treiben Erderwärmung

Die Studie "Options for keeping the food system within environmental limits", an der Marco Springmann beteiligt war, hat die weltweiten Umweltfolgen der Lebensmittelproduktion untersucht und zeigt, wie groß die Unterschiede zwischen verschiedenen Lebensmitteln sind. Grundsätzlich gilt: Die Erzeugung von Lebensmitteln verursacht weltweit rund ein Viertel der Treibhausgasemissionen. Sie beansprucht über 70 Prozent des Süßwassers und ist der größte Treiber für Biodiversitätsverlust und Landnutzungswandel.
Die Umweltauswirkungen variieren stark: Tierische Produkte, insbesondere Rindfleisch, haben im Vergleich zu pflanzlichen Lebensmitteln einen deutlich höheren ökologischen Fußabdruck. Studien zeigen, dass selbst die umweltfreundlichsten tierischen Produkte wie beispielsweise Eier und Milch immer noch höhere Belastungen verursachen als die meisten pflanzlichen Alternativen.
Eine Umstellung auf eine stärker pflanzenbasierte Ernährung könnte die Treibhausgasemissionen der Ernährung global in etwa halbieren, in einzelnen Regionen um bis zu 73 Prozent senken. "Die Erzeugung tierischer Lebensmittel geht mit erheblichen Umweltbelastungen einher. Im Durchschnitt weisen pflanzliche Milchalternativen im Vergleich zu Kuhmilch niedrigere Werte für Treibhausgasemissionen, Wasserverbrauch und Landnutzung auf,“ schreibt die DGE in ihrem Positionspapier.

Ethik: Mastrinder leben besser als Milchkühe

Die Milch-Massenproduktion verändert das Klima, aber auch die Kühe leiden. In einer Studie des Instituts für Agrar- und Gartenbauwissenschaften der Berliner Humboldt-Universität kommen die Forscher zu dem Schluss, dass Milchkühe, die konventionell gehalten werden, ein noch schlechteres Leben haben als andere Rinder in der Massentierhaltung.
Auch deshalb setzen immer mehr Menschen auf Milchalternativen auf Basis von Hafer, Soja, Reis, Mandeln oder Erbsen. Sie machen mittlerweile rund zehn Prozent des gesamten Milchmarktes aus. Marco Springmann hält pflanzliche Alternativen für eine gute Wahl. Damit, sagt er, sei man genauso gut versorgt wie mit echter Milch. Denn was von Natur aus in den pflanzlichen Produkten fehlt, wie Kalzium oder bestimmte Vitamine, setzen die Hersteller zu.

Viele Fragezeichen beim gesundheitlichen Nutzen

Rund 75 Prozent aller Menschen weltweit und circa 30 Prozent der Europäer sind laktoseintolerant: Ihnen fehlt die Laktase, also jenes Enzym, das Laktose im Körper verarbeiten kann. Dann kann Milchkonsum zu Bauchschmerzen, Blubbern und Blähungen führen.
Was ernährungsbedingte Krankheiten angeht, sei Kuhmilch relativ neutral zu bewerten, sagt Marco Springmann, jedenfalls im Vergleich zur generellen westlichen Ernährungsweise.

Wie gut sind Milchalternativen?

Die DGE betont die wertvollen Inhaltsstoffe von echter Kuhmilch und deren positive Effekte auf die Gesundheit. Pflanzliche Milchprodukte werden "befürwortet“ für Menschen, die Kuhmilch oder Kuhmilchprodukte meiden oder mehr als empfohlen verzehren möchten. Wichtig sei die Anreicherung der pflanzlichen Milchalternativen mit essenziellen Nährstoffen. Allgemeine Aussagen zum Wert der Hafer-, Soja- und Mandelprodukte seien schwierig, weil die Milchalternativen sehr verschieden sind. "Die meisten von den Ersatzprodukten versuchen, das Nährstoffprofil ungefähr abzubilden", sagt Marco Springmann von der Uni Oxford.
Positiv sei, dass Pflanzenprodukte weniger gesättigte Fettsäuren haben: "Das ist erst mal eine gute Sache für die Gesundheit." In der Konsequenz gehört Milch für Springmann nicht zwingend auf den Speiseplan. Denn die Nährstoffe - da ginge es vor allem um Kalzium - bekämen wir problemlos aus anderen Lebensmitteln. Für Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, sind zusätzlich Vitamin B2 und Vitamin B12 relevant und gegebenenfalls Nahrungsergänzungsmittel empfehlenswert.
Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 12. August 2025 um 11:46 Uhr.
Die einen schwören seit Kindertagen drauf, andere warnen vor Gesundheitsrisiken und Klimaschäden. Ist Milch tatsächlich schädlich - oder wird sie nur schlechtgeredet? Sind Milchalternativen mehr als Lifestyle?
Von Christiane Tovar und Martin Gent, WDR
Milch polarisiert. Viele Menschen trinken sie gern, andere verteufeln sie regelrecht. Es geht um gesundheitliche, ethische und ökologische Aspekte. In einer Welt, in der nachhaltige Ernährung, Tierwohl und Klimaschutz wichtiger werden, kommt das einst so positive Image von Milch ins Wanken. Die öffentliche Image- und Absatzförderung für Milchprodukte gilt als Auslaufmodell. Schulmilchprogramme sind teils auf dem Rückzug.
Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland pro Kopf gut 46 Kilogramm Milch getrunken, knapp zehn Kilo weniger als vor zehn Jahren, ein Rückgang von 18 Prozent. Dazu kommen Milchprodukte: Nach Zahlen der Milchindustrie wurde zwar etwas mehr Naturjoghurt gegessen, aber viel weniger Fruchtjoghurt und etwas weniger Sahne. Der Konsum von Butter ist in etwa konstant, der Absatz von Käse nahm leicht zu.

Was für Milch spricht

Was wir als Kuhmilch konsumieren, ist eigentlich die natürliche Säuglingsnahrung für Kälber. In der Molkerei wird die Rohmilch zu Trinkmilch, Käse, Sahne, Butter, Joghurt und noch vielem mehr weiterverarbeitet. Kuhmilch unterscheidet sich von menschlicher Muttermilch und enthält wie diese viele wertvolle Bestandteile. Der nicht-wässrige Teil der Milch (immerhin 13 Prozent) setzt sich zusammen aus hochwertigen Proteinen (praktisch alle essenziellen Aminosäuren), rund 400 verschiedenen Fettsäuren, darunter auch mehrfach ungesättigte Fettsäuren, Milchzucker (Laktose), Mineralstoffen (Kalzium, Magnesium, Kalium, Phosphor), den fettlöslichen Vitaminen A, D, E, K und den wasserlöslichen B-Vitaminen (vor allem B2 und B12).
Für Kinder nach dem Säuglingsalter und Erwachsene sind Kuhmilch-Produkte eine praktische Nahrungsquelle. Sie können einen wichtigen Beitrag zur Nährstoffversorgung leisten. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt in ihrem Positionspapier vom Dezember 2024 für Erwachsene den Verzehr von zwei Portionen Milch und Milchprodukten am Tag. Eine Portion entspricht etwa einem Glas Milch, einem Becher Naturjoghurt oder einer Scheibe Käse.

Eine andere Perspektive auf Milch

Marco Springmann ist Professor für Umwelt und Gesundheit an der Universität Oxford. Milch und insbesondere der Vergleich von Milch mit pflanzlichen Alternativen gehört zu seinen Forschungsschwerpunkten. Springmann ist außerdem beteiligt an der Entwicklung der Planetary Health Diet. Das ist der Ernährungsplan, der die Gesundheit der Menschen und der Umwelt gleichermaßen berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund plädiert er für eine Ernährungsweise, in der Milchprodukte zugunsten pflanzlicher Optionen reduziert werden.
In seinen Augen ein Thema hoher Relevanz. "Wenn wir uns den Umweltfußabdruck von Milch angucken, pro Gewichtseinheit, ist der nicht besonders hoch. Aber weil wir so viel Milch zu uns nehmen, ist Milch gleich hinter Rindfleisch, also je nachdem, wie man misst", sagt Springmann.

Ökologie: Tierische Lebensmittel treiben Erderwärmung

Die Studie "Options for keeping the food system within environmental limits", an der Marco Springmann beteiligt war, hat die weltweiten Umweltfolgen der Lebensmittelproduktion untersucht und zeigt, wie groß die Unterschiede zwischen verschiedenen Lebensmitteln sind. Grundsätzlich gilt: Die Erzeugung von Lebensmitteln verursacht weltweit rund ein Viertel der Treibhausgasemissionen. Sie beansprucht über 70 Prozent des Süßwassers und ist der größte Treiber für Biodiversitätsverlust und Landnutzungswandel.
Die Umweltauswirkungen variieren stark: Tierische Produkte, insbesondere Rindfleisch, haben im Vergleich zu pflanzlichen Lebensmitteln einen deutlich höheren ökologischen Fußabdruck. Studien zeigen, dass selbst die umweltfreundlichsten tierischen Produkte wie beispielsweise Eier und Milch immer noch höhere Belastungen verursachen als die meisten pflanzlichen Alternativen.
Eine Umstellung auf eine stärker pflanzenbasierte Ernährung könnte die Treibhausgasemissionen der Ernährung global in etwa halbieren, in einzelnen Regionen um bis zu 73 Prozent senken. "Die Erzeugung tierischer Lebensmittel geht mit erheblichen Umweltbelastungen einher. Im Durchschnitt weisen pflanzliche Milchalternativen im Vergleich zu Kuhmilch niedrigere Werte für Treibhausgasemissionen, Wasserverbrauch und Landnutzung auf,“ schreibt die DGE in ihrem Positionspapier.

Ethik: Mastrinder leben besser als Milchkühe

Die Milch-Massenproduktion verändert das Klima, aber auch die Kühe leiden. In einer Studie des Instituts für Agrar- und Gartenbauwissenschaften der Berliner Humboldt-Universität kommen die Forscher zu dem Schluss, dass Milchkühe, die konventionell gehalten werden, ein noch schlechteres Leben haben als andere Rinder in der Massentierhaltung.
Auch deshalb setzen immer mehr Menschen auf Milchalternativen auf Basis von Hafer, Soja, Reis, Mandeln oder Erbsen. Sie machen mittlerweile rund zehn Prozent des gesamten Milchmarktes aus. Marco Springmann hält pflanzliche Alternativen für eine gute Wahl. Damit, sagt er, sei man genauso gut versorgt wie mit echter Milch. Denn was von Natur aus in den pflanzlichen Produkten fehlt, wie Kalzium oder bestimmte Vitamine, setzen die Hersteller zu.

Viele Fragezeichen beim gesundheitlichen Nutzen

Rund 75 Prozent aller Menschen weltweit und circa 30 Prozent der Europäer sind laktoseintolerant: Ihnen fehlt die Laktase, also jenes Enzym, das Laktose im Körper verarbeiten kann. Dann kann Milchkonsum zu Bauchschmerzen, Blubbern und Blähungen führen.
Was ernährungsbedingte Krankheiten angeht, sei Kuhmilch relativ neutral zu bewerten, sagt Marco Springmann, jedenfalls im Vergleich zur generellen westlichen Ernährungsweise.

Wie gut sind Milchalternativen?

Die DGE betont die wertvollen Inhaltsstoffe von echter Kuhmilch und deren positive Effekte auf die Gesundheit. Pflanzliche Milchprodukte werden "befürwortet“ für Menschen, die Kuhmilch oder Kuhmilchprodukte meiden oder mehr als empfohlen verzehren möchten. Wichtig sei die Anreicherung der pflanzlichen Milchalternativen mit essenziellen Nährstoffen. Allgemeine Aussagen zum Wert der Hafer-, Soja- und Mandelprodukte seien schwierig, weil die Milchalternativen sehr verschieden sind. "Die meisten von den Ersatzprodukten versuchen, das Nährstoffprofil ungefähr abzubilden", sagt Marco Springmann von der Uni Oxford.
Positiv sei, dass Pflanzenprodukte weniger gesättigte Fettsäuren haben: "Das ist erst mal eine gute Sache für die Gesundheit." In der Konsequenz gehört Milch für Springmann nicht zwingend auf den Speiseplan. Denn die Nährstoffe - da ginge es vor allem um Kalzium - bekämen wir problemlos aus anderen Lebensmitteln. Für Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, sind zusätzlich Vitamin B2 und Vitamin B12 relevant und gegebenenfalls Nahrungsergänzungsmittel empfehlenswert.
Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 12. August 2025 um 11:46 Uhr.